Isolationskoordination VDE 0110
Bemessung von Luft- und Kriechstrecken und festen Isolierungen in elektrischen Betriebsmitteln und elektronischen Geräten
Isolationskoordination VDE 0110
Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Pfeiffer
Mühltal
Das Ziel der Isolationskoordination in der Niederspannungstechnik ist, durch geeignete Bemessung von Luftstrecken, Kriechstrecken und festen Isolierungen eine ausreichende Kurzzeit- und Langzeitspannungsfestigkeit sowie einen vom jeweiligen Anwendungsfall abhängigen Mindestisolationswiderstand zu gewährleisten. Diese Bemessungsregeln müssen sich im Gegensatz zu früherer Überdimensionierung genau nach den vorliegenden höchsten betrieblichen elektrischen Beanspruchungen ausrichten und geben kleinste Abstände bei bekanntem Ausfallrisiko an. Auf dieser Grundlage können die einzelnen Gerätekomitees aufbauen und entsprechend den vorliegenden besonderen Gegebenheiten zusätzliche Festlegungen treffen. Bei mindestens gleichem Maß an Sicherheit kann auf diese Weise eine material- und kostensparende Bauweise erreicht werden.
Zur Aufstellung der Bemessungsregeln war eine umfangreiche Analyse der auftretenden Beanspruchungen vor allem durch atmosphärische und Schaltüberspannungen erforderlich. Das Verhalten der Luft- und Kriechstrecken unter den verschiedensten Umgebungsbedingungen und für die in der Elektrotechnik relevanten Materialien wurde in einem Großversuch praxisnah untersucht. Weitere Arbeiten wurden bezüglich des Verhaltens fester Isolierungen und der Möglichkeiten zur Prüfung deren Isoliervermögens insbesondere bei nicht sinusförmiger bzw. hochfrequenter Beanspruchung durchgeführt.
Die Ergebnisse dieser Arbeiten wurden in die IEC-Publikation 60664-1 eingebracht bzw. bei der Überarbeitung (2. Ausgabe) ergänzt. Besondere Aspekte zur Bemessung kleiner Luft- und Kriechstrecken unter 2 mm sind in dem neuen IEC-Report TR 63040 enthalten (nur für Funktionsisolierung anwendbar). Die Bemessung von gegen Umgebungseinflüssen geschützten Isolierungen wird mit erweitertem Anwendungsbereich in der zweiten Ausgabe der IEC-Publikation 60664-3 behandelt. Weitere Änderungen insbesondere für den Schutz vom Typ 1 sind in der dritten Ausgabe von IEC 60664-3 erfolgt. Der Einfluss von hochfrequenten Beanspruchungen bzw. wiederkehrender Impulse auf die Bemessung wird in der IEC-Publikation 60664-4 beschrieben. Eine Übernahme der normativen Festlegungen in das europäische (Reihe EN 60664) und das nationale Vorschriftenwerk (Reihe VDE 0110) ist erfolgt. Eine Anwendungsrichtlinie zur Verwendung der Normenreihe IEC 60664, die insbesondere zahlreiche Bemessungsbeispiele enthält, ist als IEC/TR 60664-2-1 erschienen. Diese ist in Deutschland als Beiblatt 1 zur VDE 0110-1 veröffentlicht worden. Eine Erweiterung der Isolationskoordination für Betriebsmittel mit Nennspannungen bis zu 2 kV AC bzw. 3 kV DC ist als IEC TS 62993 veröffentlicht worden. Gegenwärtig ist die Überarbeitung der Norm IEC 60664-1 abgeschlossen worden und die 3. Ausgabe veröffentlicht worden. Dabei sind nicht unwesentliche Änderungen der Bemessungsregeln erfolgt, die im Detail dargestellt werden.
Ziel der Weiterbildung
Die zahlreichen Änderungen, die in der neuen Ausgabe der VDE 0110 Teil 1 verankert sind, werden im Seminar ausführlich besprochen. In diesem Zusammenhang werden auch die anderen Teile der Normenreihe VDE 0110 erläutert. Die Veranschaulichung erfolgt durch geeignete Bemessungsbeispiele, die teilweise auch von den Teilnehmern zu bearbeiten sind.
Das Seminar ist vom VDSI Verband Deutscher Sicherheitsingenieure e.V. als geeignet für die Weiterbildung von Sicherheitsfachkräften nach § 5 (3) ASiG eingestuft worden, und die Teilnehmer erhalten auf der qualifizierten Teilnahmebescheinigung 2 VDSI-Punkte Arbeitsschutz.
Montag, 2. und Dienstag. 3. Dezember 2024
1. Tag: 8.45 bis 12.15 und 13.15 bis 17.15 Uhr
2. Tag: 8.45 bis 12.00 und 13.30 bis 16.45 Uhr
1. Grundzüge der Isolationskoordination (IEC 60664-1, IEC 60664-2, IEC 60664-4 und IEC TR 63040) (W. Pfeiffer)
- Inhalt und Zielsetzung der Isolationskoordination
- auftretende Beanspruchungen
- elektrische Festigkeit von Luftstrecken, Kriechstrecken und festen Isolierungen
- Bemessungsverfahren
- zu berücksichtigende Einflussgrößen
- geeignete elektrische Prüfverfahren für Luftstrecken und für feste Isolierungen
- Bemessungsbeispiele und Vergleich der Bemessungen unter Berücksichtigung des Teils 4 der Normenreihe und von IEC TR 63040
- Bemessung der festen Isolierungen zur Vermeidung von Teilentladungen
- Stand der Normung auf dem Gebiet der Isolationskoordination
- Bemessungsarbeitsblätter und ihre Anwendung
- Beispiele der Bemessung von Luftstrecken in vollständigen Betriebsmitteln
- Bemessung von Funktionsisolierung nach IEC TR 63040 für Abstände = 2 mm
- Stoßspannungsprüfung von Niederspannungsgeräten mit eingebauten Überspannungsbegrenzenden Einrichtungen
- Vergleich von Wechsel- und Stoßspannungsprüfungen
- kombinierte Stoßspannungs- und Stoßstromprüfung
- Anwendungsbeispiele
2. Anwendung von Beschichtungen, Eingießen oder Vergießen zum Schutz gegen Verschmutzung (IEC 60664-3) (W. Pfeiffer)
- erweiterter Anwendungsbereich der 2. Ausgabe sowie Änderungen in der 3. Ausgabe von IEC 60664-3 beziehungsweise VDE 0110 Teil 3
- Arten des Schutzes gegen Verschmutzung
- Bemessung der Luft- und Kriechstrecken unter dem Schutz
- Prüfanforderungen und Prüfabläufe zur Bewertung des Schutzes
- Beschreibung der Prüflinge am Beispiel von Leiterplatten
- Prüfungen an beschichteten Leiterplatten
- Isolationswiderstand, Teilentladungsaussetzspannung und Stehstoßspannung der beschichteten Isolierstrecken
- Bewertung der Prüfergebnisse und Ausblick
- Ergebnisse des Forschungsvorhabens Isolationskoordination „Neu“ an beschichteten und unbeschichteten Leiterplatten bei Gleichspannungsbeanspruchung
3. Elektrische Prüfverfahren insbesondere zur Beurteilung fester Isolierungen (W. Pfeiffer)
- elektrische Festigkeit von festen Isolierungen
- Auswirkungen hochfrequenter beziehungsweise nicht sinusförmiger Beanspruchungen verursacht durch periodische Schaltvorgänge
- Aussagekraft von netzfrequenten Hochspannungsprüfungen
- Teilentladungsmessungen
- Durchführung der Teilentladungsprüfung, Prüfschaltungen
- Messergebnisse bei der Teilentladungsprüfung an dünnen, festen Isolierungen
- Stand der Normung für Teilentladungsprüfungen
4. Überspannungen in Niederspannungsnetzen (IEC TR 62066) (W. Bogner, W. Pfeiffer)
- Definitionen
- Blitzüberspannungen
- keraunischer Pegel
- Art der Beeinflussung
- Schaltüberspannungen
- ausgewählte Beispiele
- zeitweilige Überspannungen
- Zusammenhang mit den Installationsbedingungen
- Wechselwirkung zwischen den Netzen
- Wirkung der Überspannungen
- Schutz gegen Überspannungen
- Eigenschaften und Koordination von Überspannungsschutzeinrichtungen
- Prüfung von Überspannungsschutzeinrichtungen
- Überspannungserzeugende Betriebsmittel wie Schaltgeräte, Schütze und Sicherungen
5. Entstehung und Ausbreitung von transienten Überspannungen in Niederspannungsinstallationen sowie deren Messung (W. Pfeiffer)
- Entstehung von transienten Überspannungen
- Ausbreitung von transienten Überspannungen in Niederspannungsinstallationen
- Wanderwellenvorgänge und Reflexionen
- Messung von transienten Überspannungen
- Überspannungsmesseinrichtung
- ausgewählte Messergebnisse
- Überspannungen in dreiphasigen Niederspannungsinstallationen
- Potentialanhebung des Neutralleiters
6. Isolationskoordination für elektronische Betriebsmittel in Starkstromanlagen (EN 50178) (W. Pfeiffer)
- Anwendungsbereich der Norm EN 50178 (VDE 0160)
- Anforderungen zum Schutz gegen gefährliche Körperströme
- Klassifizierung der Isolierungen und Stromkreise
- Bemessung der Luft- und Kriechstrecken sowie der festen Isolierungen
- sichere Trennung
- Teilentladung
- Umgebungsbedingungen
- elektrische Prüfungen: Stoßspannungsprüfung, Wechselspannungsprüfung und Teilentladungsprüfung
- Festlegungen für spezielle Bauteile
- Anwendung der EN 50178 für die Bemessung bei Nennspannungen über 1 kV und Vergleich mit den Festlegungen in IEC TS 62993
7. Auswirkungen der Isolationskoordination auf den Niederspannungs-Schaltgerätebereich (IEC/TC 121) (W. Bogner)
- aus den Grundregeln der Isolationskoordination in der IEC-Publikation 60664-1 wurden unter Beachtung neuester Erkenntnisse Isolationskoordinationsregeln für alle Arten von Niederspannungs-Schaltgeräten entwickelt und von TC 121 in die IEC 60947-1 „General Rules“ aufgenommen
- Aufbau der neuen Hochspannungsprüfung
- Festlegung von Luft- und Kriechstrecken für Niederspannungs-Schaltgeräte
- sichere Trennung
Dieses Seminar richtet sich an Ingenieure, Konstrukteure und Wissenschaftler in Forschung, Entwicklung, Planung, Konstruktion, Fertigung und Prüffeld in der Elektroindustrie, insbesondere in den Bereichen Energieverteilung, Installationstechnik, Nachrichten- und Informationstechnik, Büromaschinen und Datenverarbeitung, Berater, Sachverständige und Sicherheitsbeauftragte auf den zuvor genannten Gebieten.
Dipl.-Phys. Walter Bogner
Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Pfeiffer
Technische Akademie Esslingen
An der Akademie 573760 Ostfildern
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Bewertungen unserer Teilnehmer
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Der Dozent ist fachlich sehr kompetent und weiß genau, wo von er spricht. Leider fehlt beim Vortrag, der als Frontalunterricht vorgetragen wird, jegliche Dynamik. Das Manuskript wurde am ersten Tag noch recht detailliert besprochen, am 2. Tag mangels Zeit dann nur noch überflogen. Leider neigt der Dozent dazu, Dinge oder Produkte, die er nicht kennt oder mag, schlecht zu machen ohne Alternativen aufzuzeigen. Den abschließenden Vortrag von der Firma Siemens hätte man sich schenken können, da es sich zum einen nur um eine Wiederholung mit Bezug zu Siemens Produkten handelte und zum anderen, weil der Vortragende aufgrund seines starken bayrischen Dialekts kaum zu verstehen war. Das Catering war, wie von der TAE gewohnt, überdurchschnittlich.
Insgesamt hinterlässt das Seminar bei mir einen sehr gemischten Eindruck.
Sehr geehrte/r Teilnehmende/r,
vielen Dank für Ihr ausführliches Feedback und Ihre schlussendlich doch positive Bewertung. Wir haben Ihre Rückmeldung an den Veranstaltungsleiter weitergegeben und werden insbesondere bei der Zeitplanung am zweiten Tag nachbessern.
Ihr Team der TAE
Sehr Gut war, dass die TAE einen sehr kompetenten Dozenten für dieses Thema engagieren konnte, der jede Frage diesbezüglich beantworten konnte.
Die Räumlichkeiten und da Catering waren sehr gut und für die Veranstaltung angemessen.
Optimierungsbedürftig ist, dass für den umfangreichen Stoff nur 2 Tage Seminar vorgesehen wurden und die Zeit in der 2ten Hälfte des vorgesehen Zeitraumes ausgegangen ist. Es wurde dann im Stile eines reinen "Frontalunterricht" die Folien durchgeflogen. Meine Empfehlung wäre es hier mindesten 3 Tage anzusetzen, um das wichtige Thema ein wenig interaktiver gestalten zu können. Eine Alternative wäre den Stoff zu begrenzen und dafür mehr praktische Beispiele einzubauen.
Sehr geehrte/r Teilnehmende/r,
vielen Dank für Ihre positive Bewertung. Wir haben Ihr Feedback an den Veranstaltungsleiter weitergegeben und werden in Puncto Zeitplanung entsprechend optimieren bzw. prüfen, inwieweit wir einen dritten Seminartag hinzufügen können.
Ihr Team der TAE